Warum Webforen nerven
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Festgenagelt auf einem Interface: Bei Webforen sind die darin enthaltenen Postings fest mit der jeweiligen Forensoftware verbunden. Man darf also nicht das Interface benutzen, was man persönlich bevorzugt, sondern das was gegeben ist. Glücklicherweise hat jede Forensoftware seine eigene Oberfläche, so daß keine Langweile aufkommt und man sich bei fast jedem Forum wieder neu einarbeiten muß, weil jeder eine andere Software einsetzt (die gibts in Massen, weil ein Forum zu programmieren wohl eine der Lieblingsübungen von Webprogrammierern ist).
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Onlineabhängigkeit: Webforen sind nur mit einem dauerhaften Internetzugang bedienbar - Offline lesen und schreiben wie bei E-Mails oder Newsgroups ist kaum möglich. Leute die keine Flatrate haben (und davon gibt es (auch wenns viele nicht glauben wollen) noch sehr viele) werden so von den Diskussionen weitgehend ausgeschlossen.
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Verteilte Informationen: Mal kurz gucken, ob irgendwo jemand vielleicht auf einen interessanten Artikel geantwortet hat ist nicht drin. Dafür muß jedes Forum einzeln besucht werden, was bei zwei Foren anfängt zu nerven und einen bei mehr als fünf locker in den Wahnsinn treiben kann. E-Mail-Benachrichtigungen sind zwar eine tolle Funktion (die längst nicht jeder anbietet), es ist aber alles andere als Übersichtlich und spätestens zum Antworten darf man sich dann wieder ins Forum begeben.
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Persönliche Nachrichten: Immer mehr Forumsgeschädigte kennen anscheinend nur noch die sogenannte PN als einziges Mittel der direkten elektronischen (und asynchronen) Kommunikation und gehen davon aus, daß man seine PNs auch regelmäßig liest. Es ist eine wahre Freude alle Foren abzuklappern, damit man nichts wichtiges verpaßt. Wozu auch E-Mails benutzen, wenn das Webding so eine tolle Funktion bietet!
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Lineare Threads: Der Durchschnitts-Forumuser (absolut nicht abwertend gemeint, ehrlich) kennt keine hierarchisch strukturierten baumförmigen Threads und drückt auf das nächstbeste "Antworten"-Button, um dann seinen Beitrag loszuwerden. Dadurch ist nur mit Mühe zu erkennen, auf welches Vorposting sich ein Poster eigentlich bezieht.
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Zensur: Vielen Administratoren von Webforen fehlt wohl die nötige Reife um ein im Grundgesetz festgeschriebenes Recht wie die Meinungsfreiheit zu verstehen und zu respektieren. Es ist üblich, unangenehme Meinungen und Personen aus seiner kleinen Traumwelt mit dem Hinweis, daß der Admin hier der Chef sei zu entfernen und so die Diskussionen in die "richtige" Bahn zu lenken.
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Niveau: Forenteilnehmer denken oft, sie wären anonym und benehmen sich dann auch entsprechend. Es wird gepöbelt und beleidigt (in vielen Foren so, daß diverse berüchtigte Newsgroups noch als niveauvoll gelten könnten), man kann sich ja so bequem hinter irgendwelchen Phantasienamen verstecken.
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Nicknames allgemein: In den wenigsten Foren ist es üblich (bzw. es besteht sogar eine Pflicht), mit seinem echten Namen zu posten. Mir fällt es recht schwer, Gestalten mit seltsamen bis dämlichen Nicknames ernstzunehmen, vor allem dann, wenn es um ernsthafte Themen geht.
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Signaturen: Ein paar Zeilen, die vielleicht sogar nützliche Links enthalten sind in Ordnung. Das sehen viele Teilnehmer von Webforen anders und hängen hinter jedes Posting ein bildschirmfüllendes Bild an, an dem erstmal vorbei gescrollt werden muß, um den nächsten Artikel zu lesen. Zum Glück kann man bei vielen Foren (meistens erst nach erfolgter Anmeldung) Einstellen, daß die vorwiegend hirnlosen Signaturen gar nicht angezeigt werden sollen.
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Geschlossene Themen (Hinzugefügt): In einigen Webforen kommt es relativ oft vor, daß Themen bzw. Threads von einem Admin geschlossen werden. D.h. die Teilnehmer der Diskussion dürfen nicht mehr weiter posten, was als unhöflich angesehen werden kann, weil normalerweise die Diskussionspartner bestimmen, wann eine Diskussion beendet ist.
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Organisierungswahn (Hinzugefügt): Eigentlich alle Foren sind in zahlreiche Themenbereiche aufgeteilt. Das endet darin, daß ein oft nur schwaches Posting-Aufkommen noch weiter auf die Themenbereiche aufgeteilt wird. Insgesamt werden die Foren dadurch unübersichtlicher.
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Verfolgung (Hinzugefügt): Forensoftware hat den Drang, dem Besucher möglichst viele Statistiken und andere Informationen zu präsentieren. Richtig wohl fühlt man sich da nicht, wenn jeder weiß, daß man gerade mitliest und u.U. auch noch einsehbar ist, was von jemandem gelesen wird. Mal abgesehen davon, daß diese Informationen nie 100%ig stimmen können, da sie nur aus den Zugriffen des Browsers interpoliert werden.
Kommentar Irgendwann musste ich mich gezwungenermaßen mit Webforen befassen, um an bestimmte Informationen zu
gelangen. Die Tatsache, dass das Web für diese Anwendung gar nicht konzipiert wurde und damit im Gegensatz zu den Newsgroups einige Nachteile hat, hat mich dazu verleitet, diesen Text zu schreiben. Auch wenn ich mittlerweile viel in Webforen unterwegs bin und da auch meinen Spaß hab, hat sich an dieser Meinung nicht viel geändert.
Stimmen zu diesem Beitrag (1)
Mehr aus interesse hab ich mal geschaut, von wo auf meine Domain verlinkt wird. Unter anderem hab ich diesen kritischen Blog-Eintrag entdeckt. Zunächst: es ehrt mich, wenn sich jemand kritisch mit meinem Geschreibsel auseinandersetzt :-) Aber paar Sachen muss ich dann doch richtigstellen:
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"Es scheint bei diversen Usenet-Urgesteinen als wirklich individuell, außergewöhnlich oder einfach nur toll empfunden zu werden, wenn man die andere Seite komplett ablehnt und seine minimalistischen Neigungen bei jeder Gelegenheit im eigenen Medium hinklatscht."
Schaut man sich das Ergebnis der Google Groups-Suche an, dann sieht man schnell, dass ich nur noch sehr sporadisch im Usenet auftrete. In der gleichen Zeit war ich in einigen Foren (ich verlinke jetzt nichts, ist nur sinnfreier Zeitvertreib) durchaus präsent mit paar 1000 Beiträgen. D.h. ich bin nicht mehr der alteingesessene Usenet-Opa, der auf die bunte Welt schimpft ;-) -
Weiter gehts mit "Doch ist mir bisher keines untergekommen, dass sich vom Aufbau oder der Semantik so stark von anderer Forensoftware unterscheidet, dass man sich erneut mit hohem Aufwand “einarbeiten” müsste." - nun, ich schrieb ja nie vom hohen Aufwand, sondern vom Aufwand. Und wenn ich mich in jedem Forum mit unterschiedlichen Tags rumkloppen muss, nur um quoten zu können ([quote], [QUOTE], [q], ...), dann stellts für mich einen vermeidbaren Aufwand dar.
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"Man müsse ja in jedem einzelnen Forum eines Boards schauen, um überblicken zu können, was an interessanten Themen/Antworten so gepostet worden ist." - Damit meinte ich nicht einzelne Forenkategorien in Foren, sondern ganze Foren. Wozu muss jeder Schnösel sein eigenes (hundertstes) Forum aufmachen? Und eine zentrale Forensuchmaschine gibts auch noch nicht, nicht mal ein brauchbares, standardisiertes Interface, mit dem man mit Fremdsoftware auf Foren zugreifen könnte.
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"Auch die “linearen Threads” in Foren müssen als contra herhalten. “Dadurch ist nur mit Mühe zu erkennen, auf welches Vorposting sich ein Poster eigentlich bezieht” finde ich witzig." - und ich finds witzig, wenn jemand dafür argumentiert, indem er sagt, Foren wären unmittelbar - genau das ist es ja, was sie so stupide macht, nur ein Gedanke wird weiter fortgedacht.
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"Eine Aufsplittung in unterschiedliche Themenbereiche bewirkt also eine Unübersichtlichkeit. Herrlich." - ich könnte jetzt mit etwas sucherei sicherlich etliche Foren finden, in denen sich weniger als 10 Beiträge pro Tag auf 30-40 Foren verteilen. Das ist natürlich sehr übersichtlich. Herrlich.